Ethik in der Unternehmensführung
Ethik in der Unternehmensführung: KTM ist gerade zahlungsunfähig geworden. Der Konzern hat rund 6.000 Mitarbeiter. Sie sehen aktuell einer ungewissen Zukunft entgegen. Lieferanten folgen gerade in die Zahlungsunfähigkeit. Fast täglich gibt es neue Berichte davon.
Stefan Pierer ist aber einer der reichsten Österreicher. KTM hat ihn trotz der Zahlungsunfähigkeit dazu gemacht. Ist er also erfolgreich?
Was ist Erfolg?
Erfolg im Unternehmens- und Managementkontext bedeutet, wirtschaftliche, kundenbezogene, interne, mitarbeiterbezogene und gesellschaftliche Ziele in Einklang zu bringen. Ein erfolgreiches Unternehmen ist nicht nur profitabel, sondern auch zukunftsfähig, innovativ, nachhaltig und in der Lage, Talente zu binden und die Erwartungen der Stakeholder zu erfüllen. Dabei gilt es, sowohl kurzfristige Erfolge (z. B. Umsatzsteigerung) als auch langfristige Ziele (z. B. Markenreputation und nachhaltige Entwicklung) zu verfolgen.
Ein Interessenskonflikt
Das Beispiel zeigt einen interessanten Konflikt, der im Management und in der Unternehmensethik oft diskutiert wird: Ist persönlicher Reichtum des Gründers gleichbedeutend mit unternehmerischem Erfolg? Die Antwort hängt davon ab, wie man “Erfolg” definiert – und hier gibt es unterschiedliche Perspektiven:
1. Die egozentrische Perspektive: Persönlicher Erfolg
Aus dieser Perspektive könnte man sagen, dass der Gründer persönlich erfolgreich ist. Er hat es geschafft, ein beträchtliches Privatvermögen aufzubauen, was als individuelles Ziel oft als Erfolg gesehen wird. Viele Unternehmer oder Gründer verfolgen genau diese Vision: Ein Unternehmen zu gründen, es wachsen zu lassen und sich dabei selbst finanziell abzusichern. Das Argument für persönlichen Erfolg:
- Vermögensaufbau: Er hat ein Vermögen geschaffen, das ihn unabhängig von der Unternehmenslage wohlhabend macht.
- Unabhängigkeit und Freiheit: Er kann nun tun, was er möchte, unabhängig vom Schicksal seines Unternehmens.
- Ruhm und Anerkennung: In vielen Fällen werden solche Gründer als “Self-Made-Milliardäre” gefeiert.
Kritik: Diese Perspektive ist stark individualistisch und ignoriert die Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden, Gläubigern und der Gesellschaft.
2. Die unternehmensbezogene Perspektive: Erfolg des Unternehmens
Wenn man Erfolg jedoch aus der Perspektive des Unternehmens betrachtet, wird die Sache klarer: Das Unternehmen ist nicht erfolgreich. Zahlungsunfähigkeit ist ein objektiver Indikator für den Misserfolg einer Firma. Wenn das Unternehmen keine Gewinne mehr erwirtschaftet, seine Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen kann und die Kontrolle über den Betrieb (z. B. durch Insolvenzverwalter) verliert, spricht das klar gegen unternehmerischen Erfolg. Argumente, warum das Unternehmen nicht erfolgreich ist:
- Zahlungsunfähigkeit: Das Unternehmen hat keine finanzielle Stabilität mehr.
- Verlust der Kontrolle: Insolvenz bedeutet, dass das Management die Kontrolle an Dritte (Insolvenzverwalter) zumindest teilweise abgeben muss.
- Gefährdung der Belegschaft: Arbeitsplätze werden abgebaut, Mitarbeiter verlieren ihre Existenzgrundlage.
Kritik: Die Perspektive ignoriert die möglicherweise bewusste Strategie des Gründers, der eventuell plante, sein Vermögen vom Unternehmen zu trennen.
3. Die gesellschaftlich-ethische Perspektive: Verantwortung des Gründers
Aus einer gesellschaftlich-ethischen Perspektive wird die Verantwortung des Gründers gegenüber Mitarbeitern, Kunden und der Gesellschaft in den Mittelpunkt gestellt. Hier steht der Begriff “verantwortungsvoller Erfolg” im Vordergrund.
Einige wichtige Punkte unter dieser Perspektive:
- Mitarbeitende leiden, verlieren ihren Job
- Lieferanten und Gläubiger bleiben auf ihren Forderungen sitzen
- Die Gesellschaft trägt einen Teil des Schadens
- Der Eindruck könnte entstehen, dass der Gründer seine “Schäfchen” ins trockene gebracht hat, und andere auf dem Schaden sitzen bleiben.
Kritik: Diese Sichtweise fordert ein hohes Maß an sozialer Verantwortung von Gründern, das rechtlich nicht immer verpflichtend ist.
4. Die langfristige Perspektive: Erfolg in der Zeit
Wenn man Erfolg nicht als Momentaufnahme, sondern als langfristigen Zustand betrachtet, wird deutlich, dass das Vermögen des Gründers oft auf wackeligen Beinen steht. Falls sein Reichtum an den Wert der Unternehmensanteile gebunden ist, kann auch sein Privatvermögen an Wert verlieren, wenn das Unternehmen in die Insolvenz geht. Argumente, warum sein langfristiger Erfolg leiden könnte:
- Vermögensverlust: Wenn sein Vermögen in Unternehmensanteilen gebunden ist, sinkt sein Reichtum mit dem Zusammenbruch der Firma.
- Reputationsschaden: Der Ruf des Gründers kann beschädigt sein, was ihn bei zukünftigen Gründungen oder Investitionen behindern könnte.
- Mögliche persönliche Haftung: In bestimmten Fällen (z. B. bei grober Fahrlässigkeit oder Insolvenzverschleppung) kann der Gründer / Inhaber auch mit seinem Privatvermögen haften.
Kritik: Wenige Gründer / Inhaber haftem mit ihrem Privatvermögen, und in vielen Ländern sind Unternehmer rechtlich geschützt (z. B. durch Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG). Gehaftet wird nur bis zur Höhe der Einlage im Unternehmen.
Fazit: Ist der Gründer erfolgreich?
Die Antwort lautet: Es kommt darauf an, welche Perspektive man einnimmt.
Egozentrische Perspektive JA (Der Gründer ist reich)
Unternehmensperspektive: NEIN (Zahlungsunfähgikeit)
Gesellschaftliche Perspektive: NEIN (Arbeitsplätze, Gläubiger, Staat)
Langfristige Perspektive: ? (unklar, Reputation, Vermögen)
Wenn man Erfolg nur an persönlichem Reichtum misst, ist der Gründer erfolgreich. Doch wenn man Verantwortung, Nachhaltigkeit und Unternehmensfortbestand in die Definition einbezieht, ist der Gründer gescheitert. Diese Diskrepanz steht im Mittelpunkt vieler gesellschaftlicher Diskussionen über Corporate Governance und Ethik im Management.
Moderne Definitionen von Erfolg im Management gehen daher über den persönlichen Reichtum hinaus. Erfolg wird zunehmend als nachhaltiger, sozial verantwortlicher und langfristiger Erfolg definiert. Dies spiegelt sich auch in Konzepten wie “Corporate Social Responsibility (CSR)” wider. Unternehmen und ihre Führungskräfte stehen in der Verantwortung, nicht nur sich selbst, sondern auch Stakeholder, Mitarbeitende und die Gesellschaft zu berücksichtigen.
Unternehmen sollten handeln. Mehr Ethik in der Unternehmensführung!
Wir sollten uns überlegen, wie wir Führungskräfte zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung und Ethik in der Unternehmensführung bewegen, und es nicht als “nice to have” behandeln. Wenn Führungskräfte persönlichen unglaublichen Reichtum erwirtschaften können, ohne sich um das Unternehmen oder die Gesellschaft kümmern zu müssen, ist der Anreiz zu groß, das auch auszunützen und “über Leichen zu gehen”.
Vor allem auch aus Sicht des Unternehmen würde es großen Sinn machen, solchem Vorgehen einen Riegel vorzuschieben. Es kann nicht im Sinn eines Unternehmens sein, dass der Eigentümer das sinkende Schiff mit einer goldenen Nase verlässt, und einen Scherbenhaufen zurücklässt.
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